Göteborg

In der Altstadt von Göteborg

Warum sind wir da eigentlich hingefahren? Zumal wir zurzeit doch eher auf grüne Wälder, blaue Seen, schnatternde Enten und bettelnde Dohlen stehen.

Der erste Eindruck auf dem Weg durch die Stadt zum Campingplatz ist schon abtörnend genug: rechts schier nicht enden wollende Industriekomplexe und Hafenanlagen, links hässlichste Plattenbauten. Das hätte man für’s gleiche Geld auch ansprechender gestalten können.

Håverud Aquädukt

Auf dem Weg hierher haben wir uns noch Schwedens berühmteste Schleuse, Håverud Aquädukt, mit ihren drei Staustufen angesehen. Der Aquädukt ist ein imponierendes Stück schwedischer Ingenieurskunst. Hier kreuzen sich Wasserstraße, Eisenbahnbrücke und Autoverkehr. Trotz dieser lohnenswerten Fahrtunterbrechung treffen wir für unsere Verhältnisse ungewöhnlich früh am Liseberg Camping ein. Fünf vor vier. Glück gehabt. Ab vier sind Rezeption, Butik und Schranke geschlossen! Sind wohl alles Frühaufsteher hier.

Der Campingplatz im Ortsteil Liseberg rundet den oben beschriebenen ersten Eindruck von Göteborg ab. Eigentlich ganz schön in einer weitläufigen Bucht mit Badestrand gelegen, hat es der Planer (Ich hatte ja versprochen, das mit dem Gendern der Sprache aus sprachästhetischen Gründen zu unterlassen!) geschafft, aus diesem Fleckchen Erde einen Ort geringster Aufenthaltsqualität zu machen. Eine riesige Rasenfläche, unterbrochen von geteerten Wegen. Ein besserer Stellplatz mit hunderten Einheiten und ebenso vielen kleinster Ferienhäuser an seinem Rand, eng an eng zusammengezimmert. Kein Baum, kein Strauch. Dafür Arbeiter, die morgens um halb sieben Radau machen und für den Rest des Tages verschwinden, sobald alle Campinggäste aus den Federn sind. Frühaufsteher eben. Aber, und das will ich an dieser Stelle nun auch nicht verschweigen, die Serviceeinrichtungen auf diesem Platz sind vorbildlich.

Na gut, alles nicht so schlimm, wir bleiben ja nur zwei Nächte. Wir wollen uns vor allem die Altstadt, den Stadtteil Haga, ansehen. Hier hat die Gentrifizierung bereits mit der grundlegenden Sanierung in den 1980er Jahren zugeschlagen. Heute beherbergt Haga nur noch gut ein Viertel der ehemaligen Einwohnerzahl und ist bekannt für seine Hochschulen, seine pittoresken Holzhäuser und Cafés im Stil des 19. Jahrhunderts. Breite Alleen mit baumbestandenen Mittelstreifen, die dem Fahrradverkehr vorbehalten sind, werfen die Frage auf, warum das in Berlin für eine so revolutionäre Idee gehalten wird. Überhaupt: ein Großteil der Altstadt ist autofrei. Und das belassene Straßenpflaster vereitelt den Eindruck einer künstlich geschaffenen Fußgängerzone. Allerdings haben wir vergessen zu fragen, wo die Anwohner ihre Autos parken.

Die Feskekörka, die Fischkirche, hätten wir uns gern noch angesehen, aber angesichts der sommerlichen Hitze … Die Fischkirche ist eine der wenigen Sehenswürdigkeiten Göteborgs. Gebetet wurde hier nie. Das Gebäude dient seit 1874 als Restaurant und Markthalle für die Schätze des Meeres.

Kleiner Beitrag zur Bildung: Göteborg (deutsch: Gotenburg), an der Mündung des Göta Älv gelegen, ist die zweitgrößte Stadt Schwedens. Seine wirtschaftliche Bedeutung verdankt der Ort vor allem der Autoindustrie (Volvo) und seiner klimatisch günstigen Lage, die ihm einen eisfreien Hafen beschert, den größten Exporthafen Nordeuropas.

Puh, genug für heute! Die Sonne brennt auf unsere Häupter und das stundenlange Gehen in der Hitze hat uns geschafft. Nichts wie zurück und ein erfrischend kühles Lättøl aus unserem Kühlschrank genießen.

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5 Antworten zu Göteborg

  1. Rolf Yadig sagt:

    Noch ein kleiner Beitrag zur Bildung: Was dem Regensburger seine Wurstkuchl, ist dem Göteborger die Feskekörka, die Fischküche, genau übersetzt, deswegen wurde dort höchstens vor dem Essen gebetet. Schwedisch ist gar nicht so schwer, Feskeöl das Fischöl, Fresko der Fresskorb (in Schweden mit Fisch drin), aber das wisst ihr bestimmt alles schon…

    • Louis sagt:

      Reisen bildet ja nicht nur, erst wirft oft auch weitere Fragen auf. Meine – zugegeben nicht gerade umfangreiche – Wörterbuch-App übersetzt Küche mit köket und Kirche mit kyrka. visitsweden.de übersetzt körka mit Kirche. Meine Schwedisch-App kennt das Wort körka leider nicht. Alter Schwede, wie komme ich denn nun aus dieser Situation raus? Aber es hat ja auch was, wenn Fragen offen bleiben, oder?

  2. Beate Wollersheim sagt:

    Hi den Reisenden, hörte schon vor Jahren von einem Einwohner Göteborgs ( nicht gegendert), dass es in seinen Augen eine furchtbar hässliche Stadt sei. Er riet mir jedenfalls von einem Besuch ab. Nun scheint es ja doch auch Schönes zu geben. Euch weiterhin ne gute Reise und viel frische Luft und ein ein kühles Lüftchen LG Beate

  3. Bernd Frank sagt:

    Hallo, apropos „erfrischend kühles Lättöl“: Wie schmeckt denn so das schwedische Bier? Gibt es eine etwas bekanntere (im Land viel getrunkene) Marke? Und in den schwedischen Gasthäusern: Wird es frisch gezapft – oder bekommt man meist ein Fläschchen? Und noch etwas allgemeiner gefragt: Gibt’s in kulinarischer Hinsicht etwas Besonderes anzumerken oder zu erzählen?
    Fragt und grüßt euch Bernie 🙂

    • Louis sagt:

      Wir hatten nur dreimal Gelegenheit Bier im Restaurant zu verköstigen. Dort gibt’s meistens Starkøl, 0,5 l für knapp unter 5 €, nahezu ausschließlich in Flaschen. Einen Marktführer haben wir bei unserem Feldversuch nicht erkennen können. Kulinarische Highlights haben wir nicht entdeckt. Uns sind keine wesentlichen Unterschiede aufgefallen, außer dass Döner und Currywurst hier nicht so leicht aufzutreiben sind. Aus Kostengründen haben wir uns meistens selbst an unseren Herd gestellt.

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