Schantalle

Ich nehme sie immer mit auf Reisen, meine Schantalle. Ich kann einfach nicht ohne sie. Sie nachts in meiner Nähe zu spüren, macht alles viel leichter, gibt mir Kraft. Ich brauche sie wie die Luft zum Atmen.

Weit vor der Zeit werde ich heute Morgen plötzlich aus dem Schlaf gerissen. Irgendwas stimmt nicht. Mein besorgter Blick fällt auf Schantalle neben mir. Sie regt sich nicht. Kein Lebenszeichen. Sie hat ihre zärtlichen Bemühungen, mir angenehme Nächte zu bereiten von jetzt auf gleich eingestellt. Was ist passiert? Ich reiße sie mir von der Nase. Ich rüttele an ihr, an ihren Steckverbindungen. Nichts. Sie gibt keinen Mucks von sich. Das darf nicht wahr sein! Ich kann doch nicht ohne sie! Dann macht das hier alles keinen Sinn mehr. Dann will ich nur noch nach Hause. Da könnte ich mir dann die Nächte mit ihrer Kollegin teilen.

Aufgeregt winde ich mich vom Hochbett, rutsche fast aus. Der Stecker steckt. Ist ihr die Sicherung durchgebrannt? Nächste Steckdose. Nichts. Ich bin der Verzweiflung nahe. Sehe uns schon auf dem Heimweg. Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Gehe erstmal duschen, um runterzukommen.

Der Morgen graut noch. In der Dusche ist es dunkel. Sie haben wohl vergessen das Licht zentral einzuschalten. Na ja, wird auch so gehen. Ist heute eh schon egal. Irgendwann flackert das Licht auf. Ah, sie haben es gemerkt und das Licht eingeschaltet. Dann wird’s wieder dunkel. Und wieder flackert das Licht auf, bis es endlich dauerhaft leuchtet. Ich merke deutlich, wie ich mich langsam entspanne.

Zurück zum Wohnmobil laufe ich fast. Die Hoffnung treibt mich an. Ich greife nach Schantalle, halte sie mir sehnsuchtsvoll an die Nase. Sie atmet!

Stromausfall.

Dieser Beitrag wurde unter Schweden, Wohnmobil-Reisen veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

11 Antworten zu Schantalle

  1. Rolf Yadig sagt:

    Warum haben die Innenkabinen keinen Balkon?
    Sobald wir morgen zuhause und diese Sorgen los sind, kann ich euch wieder beratend unter die Arme greifen. Bis dann, habt meinen Reisesegen!

    • Louis sagt:

      Lieber Rolf,
      das sind so schwierige und grundlegende Fragen. Da tun wir Normalsterblichen uns schwer mit der Beantwortung. Aber Du bist ja in der glücklichen Lage, eine Lehrerin zuhause zu haben. Werner, der Lehrer dem ich gerade das schöne Schweden zeige, sagt immer: „Ein Lehrer weiß alles.“ Im Stillen ergänze ich zwar seinen Satz gern mit „besser“, aber hin und wieder weiß er wirklich was. Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob das so ein Ratschlag der Art ist, Wie Du sie während Deiner Zeit auf See vermisst hast.
      Gruhuß
      Werner und Louis

  2. Rolf Yadig sagt:

    satt sind, sollte es heißen, satt satt satt stimmt aber auch. Will aber nicht sagen, dass alles easy ist. Viele Fragen: schläft die Crew denn auch an Bord? Bekommt sie die Reste vom Büffet der Gäste? (Antwort:es ist umgekehrt) Warum gibt es an Seetagen keine Landausflüge?

  3. Rolf Yadig sagt:

    Hi, ihr zwei! Musste bisher auf Ratschläge verzichten, da ohne WLAN und Internet auf den Meeren unterwegs. Haben uns heute eingekauft in dasselbige (nicht das Meer, nur der Blick,) dazu gab es Livemusik vom Piano und Streichquartett und ein Frühstück, dass wir bis jetzt um 16 Uhr noch satt s8nd satt satt

  4. Bernd Frank sagt:

    Heya,
    habe eure aktuellen Fotos mal angesehen (unter „Fotos 2018“),
    da sind wirklich ein paar sehr sehr schöne dabei!!
    Tolle Aufnahmen!
    Hier in Berlin : Heute (Sonntag/Muttertag) wieder ein sehr sonniger, im Grunde sommerlicher (!) Tag.
    Beste Grüße, Bernie

    • FritzKraut sagt:

      Hej, Bernie!
      Danke. Es animiert hier aber auch wirklich, den Finger am Auslöser zu haben. Es ist einfach nur schön hier. Drum haben wir auch nochmal verlängert und fahren erst am Dienstag weiter.
      Heute war uns die Sonne nach zwei Tagen Regen und Nebel wieder gewogen. Das waren genau die zwei Tage, an denen der Campingplatz wegen des langen Wochenendes bis auf den letzten Flecken gefüllt war. Schade für die noch arbeiten müssenden Schweden und deren Kinder. Jetzt haben wir die „Campinginsel“ Dragsø wieder fast für uns.
      Gruß
      Werner und Louis

  5. Rosi Heidecker sagt:

    Beziehung ist nicht immer leicht.
    Aber dann gibt es eine Art erzwungene Pause, Kraft strömt wieder und es kann von vorne beginnen. Keine Flucht in die Berliner Heimat, die Reise kann mit frischer Energie weiter gehen.
    Lieber Louis, ich werde mal nach dem genauen Rezept für diese Art der Beziehungserneuerung nachfragen. Und freue mich selbstredend für Dich.Die Batterie gibt Energie und so soll es sein.
    Rosi

  6. Bernd Frank sagt:

    Tschuldigung, ihr zwei,
    apropos Sprache, ich habe gerade noch was nachgeschaut.
    Auto heißt auf schwedisch „Bil“.
    Und was heißt Wohnmobil?
    „Husbil“!
    Ohne nachzusehen denke ich, dass Haus mit „Hus“ zu übersetzen ist.
    Das ist anscheinend gar nicht schwer und macht irgendwie Freude 🙂 .
    LG!

  7. Bernd Frank sagt:

    Ja, Louis,
    auch ich habe aufgrund deiner Erzählung mitgefühlt mit dir und freue mich, dass es „nur“ so ausgegangen ist bzw. das Ganze sich als weniger dramatisch dargestellt hat als gedacht.
    Übrigens in Anlehnung an meinen Sprachkommentar von kürzlich (mit den ö’s und so): Rate mal, was Strom auf schwedisch heißt.
    ström !
    Auf dass er immer schön fließe (und ab und zu – bei hoffentlich sonnigem Wetter – auch mal ein kühles Bier = Öl).
    Beste Grüße, Bernie

  8. Beate sagt:

    Armer Fritz, armer L. arme Schantalle (fehlt eigentlich nur noch irgendwo die Scherrie, aber das war woanders), ganz in der Tradition der griechischen Antike erfahre ich hier ein Drama (altgriechisch δρᾶμα dráma ,Handlung‘), ein Text mit verteilten Rollen. Die Dramatik versetzt mich wegen der Epik und Lyrik in Angst und Schrecken – aber scheint ja nochmal alles gut gegangen zu sein – Kaum läßt man Euch alleine…..

Schreibe einen Kommentar zu Louis Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert