Kurz vor dem Zerfall zu Staub mangels Körperflüssigkeit traf ich Ross. Er werkelt vor seiner Naturschutzstation, um sie fit für die Saison zu machen. Der Zugang zu seinem Reich war durch ein Eisenstäbetor gesichert. Ich schnaufte ein „Refresco“ durch die Stäbe und er winkte mich rein. Er brachte mir eine Maß kaltes Wasser und eine saftige Orange. Bier oder Cola Zero gab’s nicht, weil noch nicht geöffnet. So wie sich der Wasserkrug leerte, entfaltete sich mein Körper wieder. Ein kleiner Hund freute sich über meine Anwesenheit und ließ sich liebevoll kraulen.
Aus dem Gastraum hat man einen wunderbaren Panoramablick auf die schneebedeckten Gipfel der Sierra Nevada. Über das großzügige Gelände verteilt stehen kleine Hütten, die gemietet werden können. Um die Ecke steht ein schöner alter Bus. Unweit davon gibt es ein kleines Amphitheater für kleine sommerliche Schauspiele. Später kam dann noch seine Frau Susanne dazu. Alle drei hatten wir keine gemeinsame Sprache. Ein paar rudimentäre Kenntnisse in Spanisch bei mir, einige in Englisch bei den Beiden. Herausgefunden habe ich, dass die Beiden mit ihrer Station Ökotourismus betreiben. Gefällt mir gut. Allerdings kommt Fritz (Weiß)Kraut da nicht hin. Schmale Straße, enge Kurven, ziemliche Steigung. Fritz (Blau)Kraut hätte es geschafft.
Notabene:
Louis Tätigkeit draußen im Freien: er fährt die Markise ein, was zu einem kleinen Haushaltsunfall, aber nicht zum Tod führt. Allerdings muss ich kurz unterbrechen, um ihn mit Eis zum Kühlen zu versorgen. Gegen ein Hörnchen auf der Stirn.
Den Ecoturismo de Güéjar Sierra kann ich nur empfehlen, falls mal jemand nach der Alhambra noch Zeit zum Entspannen hat (www.campingcortijobalderas.com).
Ausgetrocknet hat mich die sich auf über 25.000 Schritte bemessene Anwanderung über Kuh-, Ziegen- und Schafspfade über einen Bergsattel zwischen zwei Gipfeln. Keinen der Gipfel habe ich mir zugetraut. Insgesamt habe ich, juchu, einen neuen persönlichen Schrittrekord aufgestellt. Zuwenig Wasser, viel zu wenig Wasser hatte ich eingepackt. Es sollte ja auch nicht so weit gehen. Aber man kann ja nicht einfach umkehren. Wäre vielleicht weiter als die Strecke vorwärts. (Anmerkung des nervigen Lektors: In der Regel zitiert Werner an dieser Stelle gern Erich Honecker: „Vorwärts immer, rückwärts nimmer!“) Sich auf den Boden werfen, brüllen und hoffen, jemand nimmt einen auf den Arm und trägt einen den Rest, geht in meinem Alter auch nicht mehr. Vor allem, wenn niemand dabei ist. Weiter, immer weiter. Und dürsten. Und leiden. Meine Beine sind jetzt ein wenig sauer mit mir. Gehe früh zu Bett.
Beate und Louis tauschen sich über Fernsehserien aus. Notruf Hafenkante, irgendwas mit Mode. Und Sex. (Anmerkung des Lektors: Wir müssen dringend noch mal über die zulässigen Bloginhalte diskutieren!)
So wie es sich anhört, hat Werner die Sierra alleine bestiegen? Grandios, der Blick von der Terrasse auf die schneebedeckten Gipfel. War nicht doch vielleicht Louis im Rucksack versteckt und hat die Fotos gemacht? Aber nein, wahrscheinlich hat er an dem Tag Beate abgeholt. Hätte aber erklärt, warum Werner zu wenig Wasser dabei hatte – wenn er das mit einem blinden Passagier teilen muss, den er zum Dank auch noch die Berge hochschleppt!
Die Geschichte und diese Austrocknungsgefühle haben mich an mein Erlebnis im Gran Canyon erinnert. Unterschied: Mein Begleiter lief selber, und es ging, anders als bei Werner, erst gemütlich bergab und am späten Nachmittag steil aufwärts.
Aber zu wenig Wasser hatten wir beide dabei, und auch mit dem Essen hatte ich mich vertan: kein Pizza Hut, KFC, McDonalds, nichts, ich war so ausgehungert, dass ich Visionen von Spagetti Bolognese hatte, für mich in dieser Situation Inbegriff von Kalorien.
Egal, Genna lässt euch grüßen!
Wir grüßen zurück!
Lieber Louis,
das mit dem Zitat kam mir sofort in den Sinn.
Und Granada, dass ich 1985 besuchte, einschließlich. Alhambra, und mir am Tag danach den schlimmsten Sonnenstich meines Lebens holte.
Seid alle herzlich gegrüßt
Rosi
Hallo,
das sieht ja toll aus, der Blick von der kleinen Terrasse (mittleres Bild)! Ich denke, am Ende hat sich der Marsch – über Kuh-, Ziegen- und Schafspfade (find‘ ick jut :-)) – für den Betrachter wohl doch gelohnt.
„Ich schnaufte ein ‚Refresco‘ durch die Stäbe…“ schön erzählt, und auch noch nette Leute dort kennengelernt. Wunderbar.
Apropos Hitze: War selbst mal in der zweiten Augusthälfte dort, in Granada 2015, da kann man erleben, wie durstig ein Mensch werden kann 😉 . Und wie gut es zumindest ist, wenn man einen Hut aufhat.
Schöne Grüße aus dem wettermäßig sehr wechselhaften (heute immerhin aber schönen) Berlin,
Bernie
Hallo Bernie,
mittlerweile sind wir in Ronda angekommen. Wir wurden gestern mit Sonnenschein begrüßt, heute nieselt es gelegentlich und bis einschließlich Freitag sieht’s in ganz Südspanien nicht besser aus. Ob das ein Trost ist?
Louis
Nein, Louis,
wenn ihr schlechtes Wetter habt, ist das in keiner Weise ein Trost für mich. Ganz unabhängig von dem, was hier passiert, wünsche ich euch das schönste Wetter (Sonne, warm, nicht heiß, eine leichte Brise 🙂 ).
Sol y tapas y suerte, amigos!
Bernardo
Muchas gracias!