Die Nacht auf See war ruhig und wir erwachen gut erholt. Gegen neun Uhr machen wir uns auf den Weg zum vorgebuchten Frühstück, das erwartungsgemäß katastrophal ausfällt: ein kleiner Plastikbecher mit Chemiesaft, ein kleiner Styroporbecher mit wirklich leckerem Cappuccino und ein aufgeblasenes, klebriges und feuchtes Croissant, das beim Aufschneiden in sich zusammenfällt. (Wer schneidet ein Croissant auch schon auf?!) Die für jeden drei halben Scheiben einfachen Schnittkäses stellt man uns mit 9,30 € in Rechnung. In der Hoffnung, dass uns unsere Mägen diese Entgleisung nicht übelnehmen, begeben wir uns auf’s Achterdeck, um Wind und Sonne auf dem Mittelmeer zu genießen. Wir lassen uns an dem offensichtlich schon vor vielen Jahren außer Betrieb gesetzten kleinen Pool nieder um zu lesen. Nach einiger Zeit ertönen laut Alarmsignale. Wir schauen uns an, kommen aber angesichts dessen, dass um uns herum alles ruhig bleibt, zu der Einschätzung, dass es sich um einen Probealarm handelt. Auf diesem Schiff ist so vieles eingerostet, warum nicht auch die Signaltöne! Nach wenigen Minuten fordern uns mit gelben Basecaps behütete Crewmitglieder auf, zu gehen. Da Fremdsprachen auf dieser zwar riesigen aber ziemlich heruntergekommenen Fähre keinen erstrebenswerten Wert darzustellen scheinen, werden wir von den Gelbmützen nicht verstanden und bekommen immer nur „Emergenza“ (Notfall) zu hören und werden sehr bestimmt von einer zur nächsten weitergereicht, bis wir einen Sammelpunkt erreichen. Wir gehören zu den Ersten, die dort eintreffen und haben das Glück, noch einen Sitzplatz zu ergattern. Nach und nach füllt sich der Raum. Immer mehr Crewmitglieder tauchen auf. Einige tragen Schwimmwesten und die Schränke mit den Rettungswesten für die Passagiere stehen offen. Wir hoffen immer noch auf eine Übung. Aber in den Gesichtern der Besatzung kann ich nur Anspannung erkennen. Szenen aus dem Film Titanic erscheinen vor meinem geistigen Augen. Auch Fritz Kraut tief unten im Bauch des Schiffes sehe ich schon von erstem Salzwasser umspült. Mich beruhigt, dass die Fähre ihre Fahrt unbeirrt fortzusetzen scheint. Anfang der 1970er Jahre habe ich mal eine Schiffshavarie vor Brest erlebt, und weiß, dass ein Dampfer so schnell nicht sinkt. Aber die eilig umherwuselnden Besatzungsmitglieder mit ihren Walkie-Talkies, die krächzend italienische Anordnungen von sich geben, lassen uns zweifeln, ob dies wirklich nur eine Übung ist. Ich will es testen. Direkt neben dem Versammlungsraum befindet sich eine Toilette. Ich gebe einer Gelbmütze zu verstehen, dass ich dorthin möchte, werde aber nicht durchgelassen. Oha! Zurück an meinem Platz nehme ich wieder mein Buch zur Hand und versuche zu lesen; das geht mehr schlecht als recht, weil die Gedanken immer wieder abschweifen. Wenn dies keine Übung ist, bleibt uns nur, uns in unser Schicksal zu fügen und zu hoffen. Zum letzten Mal hatte ich dieses Gefühl, als Werner und ich durch Jamaika reisten und unsere Pension in Kingston von einer Handvoll mit einer Pistole, Messern und Schraubenziehern bewaffneten Desperados überfallen wurde. Das war auch nicht schön. In solcherlei Gedanken versunken nehme ich nach einer Dreiviertelstunde im Hintergrund das Wort „terminata“ war und sichtlich erleichtert löst sich die „Versammlung“ auf.
Emergenza!
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Ohhh Louiiisss,
NEIN!!! – Keine Rede, kein Gedanke (auch nicht der Kleinste), wo Neid aufkommt!!!
Prima, das ist für mich jetzt jedenfalls geklärt! Habe ja sizilisches Olivenöl auf dem Tisch zum leckeren Ruccula Salat aus Italien!!! Das sollte reichen!!!
Ich liebe den Norddeutschen bitterkalten Frühling! Kann mir auch einen Tisch vor mein Wohndomizil (ohne Räder) rausstellen, zwei Bier draufstellen, in Mütze, Handschuhe, zwei paar Socken schlüpfen, …, also was soll da Neid!
Gehe ich rein, darf ich über das Verputzen von Wänden nachdenken, … . Dann zwischendurch in meiner Freizeit, gehe ich meinem Beruf nach. – Also, was fehlt mir? – Jedenfalls sitze ich nicht nur am Lenkrad, vertödele die Zeit in fremden Ländern faul in der Sonne, mit einem mediteranen, furchtbar mildem Windhauch und der Maffia im Rücken!
Also, mir geht es gut und ich hoffe, Du machst das Beste aus Deiner misslichen Lage!
Vor allem, komme heil wieder und verbrauche den Inhalt Deines Drogenkoffers nicht zu schnell!
P.S.: Sollte es sich bei Dir zuspitzen, Cosa Nostra, Reifenpanne, Naviversagen, Bier alle, Nivea geklaut, Schottenrock defekt, …, RUF AN! Ich komme und helf Dir!
Lieben Gruß
Uwe
Lieber Uwe,
es tut gut Freunde in der Heimat zu wissen, die des Neides abhold sind und den Reisenden in der Ferne moralisch und bei akutem Bedarf auch aktiv stützen.
Liebe Grüße
Werner und Louis
Hey Hallo Hilfe!! Ich wäre ja gleich mit Schwimmweste vom Schiff gesprungen. Ihr habt hoffentlich eine Flasche Rotwein getrunken ?? Während der Übung oder danach??
Viel Spaß weiter. Quiny
Hej, Quiny!
Bei den Schweinepreisen an Bord war nicht mehr als ein Cool-down-beer drin und die Reederei sah sich zu keiner entschädigenden Einladung veranlasst. Aber allein der Gedanke überlebt zu haben war schon euphorisierend.
Liebe Grüße
Werner und Louis
Ahoi!
Das Ahoi habt ihr euch verdient… Bei der Hälfte des Textes habe ich schon die Titanic Geigen spielen gehört.. Gut das es nur wohl nur eine Übung war.. Auf zu neuen Ufern und ihr schreibt prima!!! Grüße aus dem sonnigen Berlin 😉
Moin!
Genieß die Sonne. Hier lässt sie sich noch nicht so zuverlässig sehen. Dafür gibt’s aber auch hier Sahara-Staub.
Liebe Grüße
Werner und Louis
Na, und was war nun der Grund? Geht es Euch jetzt wieder gut?
Das war offensichtlich eine Übung für’s Personal. Uns geht’s wieder gut: Blutdruck und Herzfrequenz wieder im Normbereich. 🙂
DIO MIO – porca miseria – die Italiener nu wieder.
zumindest mal was anderes als das schnarrende „rosticceria, pizzeria spaghetteria sono aperti“ während man sich die Nacht mit der verzweifelten Suche nach dem Ausschalter um die Ohren schlägt, statt sich entspannt auf selbige zu legen.
Ganz ehrlich: sowas dürfte mir nicht passieren. ich wär ausgeflippt.
weiter buon viaggio
Ciao, Ulrike!
Es gibt Dinge auf die möchte man gern verzichten. Was die abendliche Ruhe betrifft, können wir uns nicht beklagen. Zu dieser Jahreszeit zählen wir auf den Campingplätzen zu den Youngsters und damit zu den Nachteulen.
Liebe Grüße
Werner und Louis